Planetarische Bauern

Die Bäuerinnen und Bauern der Vorzeit holten bei Ernteritualen die letzten Weizenhalme von den Feldern. Geschnitten und zu Symbolfiguren gebunden, verkörperten sie den „Geist der Ernte“; er wurde den Winter über gehütet. Im Frühjahr mischte man diese alten Körner unter die neue Saat, der „gute Geist“ gelangte zurück aufs Land. Die Äcker aber wurden nicht nur mit Getreide bestellt, sie waren ebenso geprägt von Konflikten. Die Installation Perpetual Harvest von Anca Benera (geb. 1977 in Constanța, Rumänien) und Arnold Estefán (geb. 1978 in Târgu Secuiesc, Rumänien; beide leben derzeit in Bukarest und Wien) besteht aus einer Reihe ballistischer Raketen aus Stroh, die auf die militärische Instrumentalisierung von Lebensmitteln und die globale Aufrüstungsspirale rekurrieren. Die Arbeit verweist sowohl auf die jüngste Getreideblockade im Schwarzen Meer (2022) als auch auf frühe europäische Bauernerhebungen, etwa den Bobâlna-Aufstand (1437) und jenen unter György Dózsa (1514) in Siebenbürgen, wo landwirtschaftliche Geräte wie Sensen und Mistgabeln zu Behelfswaffen umfunktioniert worden waren. Eine drängende Frage der Installation lautet: Wie kann eine Dauerkrise – ob militärisch, klimatisch oder wirtschaftlich – sozialen Wandel bewirken?